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Im „kleinen“ Trentino (500.000 Einwohner, 4,5 Milliarden Euro Jahreshaushalt), das nach Kriegsende zu den ärmsten Regionen Italiens zählte, hat die 1948 in Kraft gesetzte Sonderautonomie zu einer beständigen Aufwärtsentwicklung geführt, die dieses kleine Land heute zu den Regionen mit dem höchsten Prokopfeinkommen im Staat gemacht und auf europäischen Standard gebracht hat. Das Trentino entscheidet in fast allen Bereichen eigenständig, und dies fast ausschließlich mit den Mitteln, die aus den eigenen Steuern fließen. Dies ist auf die Sonderautonomie zurückzuführen, die sich als das rechte Instrument für die Berücksichtigung der örtlichen und territorialen Erfordernisse erweist und ständig erweitert wird. Demnächst wird auch die Justizverwaltung auf das autonome Land übergehen (eine sichere und schnelle Justizregelung bildet eine der wichtigen Voraussetzungen für Investitionen in neues Wachstum und macht ein Territorium in dieser Hinsicht attraktiv). Laut Rossi ist Autonomie nicht nur für aktives Wachstum wichtig, sondern auch für Kampf gegen soziales Ungleichgewicht, Abbau von Bürokratie und fürBürgernähe generell.
Ähnlich verläuft die Entwicklung auch im Friaul Julisch Venetien. Präsidentin Debora Serracchiani betonte, dass ihre „Randregion“ deswegen gut vorwärts komme, weil sie ihre autonomen Kompetenzen bewusst schwerpunktmäßig einsetze. Dies beginne damit, dass sie wichtige Institutionen nicht nach Beliebigkeit, sondern mit Personen besetze, welche die Eignung für das Amt aufweisen. Weiter wurde entschieden, Wachstum besonders in den typischen Bereichen des eigenen Territoriums und vor allem in der Infrastruktur zu fördern. So im Bereich des Hafens von Triest, welcher zum wichtigsten Hafen Italiens und auf der Grundlage eines Abkommen mit Bayern zum drittwichtigsten Hafen für Deutschland geworden sei. Die Region habe auch ihre Grenzlage und den Kontakt mit den Nachbarn – mit Kärnten mit Nachahmung dessen Investitionsagentur - mit Slowenien, mit Bayern usw. genutzt, um das Beste aus den eigenen Voraussetzungen zu machen. Nach dem verheerenden Erdbeben von 1976 habe sich die Region schrittweise erholt und heute stehe sie wirtschaftlich gut da und plane ihre Investitionen ins eigenen Wachstum gezielt. Ihre Verschuldung liege bei (nur) zwei Prozent des Bruttosozialprodukts.
Die Region Lombardei beneidet diesen Sonderregionen ihre statutarischen Vorteile, erklärte Roberto Maroni, Gouverneur dieser größten Region Italiens mit zehn Millionen Einwohnern. Er sei dagegen, den Sonderregionen ihren Sonderstatuts zu nehmen, wie manche Normalregionen fordern. Er wäre selbst froh, wenn die Lombardei auch ein Sonderstatut hätte, dann wäre nicht nur ihr Haushalt (derzeit rund 23 Milliarden Euro) fast viermal so hoch, sondern sie könnte ihre Wachstumspolitik unabhängiger und umfassender ausrichten. Trotzdem ist die Lombardei die einzige schuldenfreie Normalregion und gehört statistisch zu de vier investitionsintensivsten Regionen der EU (mit Katalonien, Bayern und Baden-Württemberg). Maroni ist dafür, dass die Besonderheiten der einzelnen Regionen vom Staat voll berücksichtigt werden; man könne nicht Bergregionen und Metropolen in der Ebene über einen Kamm scheren. In seiner Region werden die Investitionen in enger Zusammenarbeit zwischen wachstumsfähigen und –willigen Betrieben (die Lombardei zählt an die 800.000 Betriebe), den dreizehn Hochschulen in der Region und der Regionalverwaltung geplant und vorgenommen. Leider könnten die Normalregionen, im Unterschied zu den Sonderregionen, die auf ihrem Gebiete eingenommenen Steuern nur zu einem geringeren Teil selbst verwalten, was bedeute, dass etwa die Lombardei jede Woche rund eine Milliarde Euro Steuerüberschuss an den Staat abliefern müsse.
Alle drei Regionen, die Lombardei im Besonderen, befürchten negative Auswirkungen der laufenden Verfassungsreform auf die Autonomie der Regionen infolge des wieder zunehmenden Zentralismus.